Angststörung
Eigentlich ist Angst entwicklungsgeschichtlich sehr sinnvoll für den Menschen. Denn Angst ist eine der ältesten Empfindungen, über die Menschen verfügen. Angst hat eine warnende Funktion vor bedrohlichen Situationen und leitet schützendes Verhalten ein. Allerdings kann Angst auch krankhaft sein und das Leben, das sie eigentlich bewahren helfen soll, zerstören. Dann spricht man von einer Angststörung.
Die Angststörung
ist ein psychiatrisches Phänomen, bei welchem der ursprünglich natürliche Affekt übermäßig ausgeprägt ist. Die Störung betrifft sowohl konkrete Ängste oder Panik, als auch unspezifische Ängste. Dementsprechend gibt es nicht die
eine Angststörung an sich, sondern eine Reihe mehrerer Formen, die unter dem Begriff Angststörungen subsummiert werden. Im ICD-10 sind die Angststörungen unter dem Schlüssel F40. bis F48. zusammengefasst.
Am häufigsten treten als spezifische Ängste
soziale Phobien, Agoraphobie, Tierphobien und situationsbedingte Ängste auf, wie etwa Flugangst. Menschen erleben in diesen Fällen konkrete Situationen im Leben als besonders starke Belastung und entwickeln eine überzogene Vermeidungsstrategie, möglicherweise auch, wenn diese Situationen bislang nicht mit äquivalent negativen Erinnerungen des eigenen Erlebens verbunden sind. Deshalb haben Angststörungen wie viele psychische Erkrankungen einen irrationalen Charakter, während Traumen eher auf Verhältnismäßigkeit der im Leben gemachten Erfahrung basieren.
Daneben ist die generalisierte Angststörung weit verbreitet und einer großen Zahl an Studien zufolge die häufigste Form der Angststörungen in der westlichen Zivilisation. Menschen, die generalisierte Angststörung haben, leiden ständig unter dem Gefühl von Anspannung und Sorge. Inhaltlich beziehen sich die Ängste auf Dinge, über die sich auch gesunde Menschen Sorgen machen, beispielsweise die Gesundheit oder wirtschaftliche Sicherheit. Die generalisierte Angststörung kennzeichnet jedoch, dass diese Sorgen massiv stärker ausgeprägt sind, als üblich. Es besteht keine Kontrolle mehr über das Angstgefühl, welches sich auf alle Lebensbereiche übertragen kann. Daher heißt es auch generalisierte Angststörung, die selbst aber trotzdem nur eine Form der klassifizierten Angststörungen darstellt.
Beispiele für Spielarten und Untergruppen der Angststörung
- Agoraphobie
F40.0
- Soziale Phobien F40.1
- Spezifische (isolierte) Phobien F40.2
- Panikstörung F41.0
- Generalisierte Angsstörung F41.1
- Angst und depressive Störung F41.2
- Zwangsstörungen
- Akute Belastungsreaktion F43.0
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) F43.1
- Anpassungsstörungen F43.2
- Dissoziative Amnesie F44.0
- Somatisierungsstörung F45.
Wo beginnt die Störung?
Eine genaue Grenze zwischen natürlicher und krankhafter Angst gibt es nicht, aber bei jederAngststörung gibt es zwei Maßstäbe, nach denen eine Einschätzung und Differenzierung von begründeter und angemessener Angst erfolgen kann. Die Angststörung ist erstens gekennzeichnet durch eine deutliche Überreaktion bezüglich der Bedrohung und zweitens durch die Intensität derAngst selbst. Das heißt, auch außerhalb der Bedrohung herrscht eine unangemessen starke Angst. Das geht so weit, dass Betroffene ihre Ängste nicht erklären, beeinflussen oder bewältigen können.
Folgen der Angststörung
Die Angststörung ist für Betroffene eine besonders trügerische Erkrankung. Diejenigen, die unter einer Angststörung leiden, erkennen sie meist nicht als ursächliches Problem. Stattdessen konzentrieren sie sich auf Symptome wie Schwindelgefühl, Herzrasen, Magenschmerzen, Schlafstörungen oder andere Beschwerden, welche als Begleiterscheinung auftreten. Besonders bei unspezifischen Ängsten ist es für Betroffene naheliegend, ihr Problem auf den Körper zu projizieren. Der fehlende Ausweg aus der Angst, zieht neben körperlichen Beschwerden aber auch Stress mit sich oder gar eine
Depression. Angst und Depression treten daher häufig auch gemeinsam auf.
Formen der Behandlung bei Angststörung
Erkannt bzw. bestätigt wird die Angststörung oder ihr Verdacht oft erst, nachdem physiologische Ursachen abgeklärt sind bzw. aufgetreten sind. Hierzu zählen beispielsweise Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck, Schweißausbrüche und Kreislaufschwäche. Die Symptome sind relativ vielfältig und daher schwerer auf die Angststörung zurückzuführen, wird diese nicht anamnestisch abgeklärt. Informationen auch für die Betroffenen sind daher wichtig, um sich selbst einschätzen zu können.
Anschließend kann im Rahmen einer Psychotherapie die Angst jedoch aufgearbeitet und gelöst werden. Der Behandlungserfolg ist relativ wahrscheinlich, jedoch ist eine langfristige Behandlung nicht selten. Noch vor der Psychotherapie werden als Hilfe häufig Medikamente eingesetzt, um von einer Angststörung betroffene Patienten erst einmal ausreichend zu stabilisieren, sodass sie die psychotherapeutischen Maßnahmen überhaupt durchführen können. Die zum Einsatz kommenden Arzneien, welche Angst lösen, benötigen meist mehrere Tage, bis sie die erhoffte Wirkung zeigen. Der Vorteil ist hingegen, dass diese Medikamente keine Abhängigkeiten verursachen und keine, wie häufig von Angstpatienten verdächtigt, Persönlichkeitsveränderungen oder eine getrübte Sinneswahrnehmung verursachen.
Einige Wochen nach Beginn der medikamentösen Behandlung kann die therapeutische Behandlung beginnen. Der genaue Behandlungsplan ist allerdings immer abhängig von der Art der Angsterkrankung sowie den individuellen Begleitumständen des jeweils betroffenen Patienten. Sehr bewährt hat sich als ein Baustein so einer individualisierten Behandlung beispielsweise das Erlernen von geeigneten Entspannungstechniken wie Autogenes Training (AT) oder die Progressive Muskelentspannung (PMR).